Die nächste Footballsaison steht unmittelbar bevor. Es ist eine Jubiläumssaison, denn an deren Ende wird der 50. Superbowl ausgetragen. Er findet im Stadion der San Francisco 49ers statt, jenes Team, dass dafür sorgte, dass ich Ende der 80er Jahre erstmals auf diese Sportart aufmerksam wurde.
Damals, 1989, war ich einige Tage in San Francisco und bekam den Hype um dieses Team recht intensiv mit. Die Stadt ist bis heute meine Lieblingsstadt auf der Welt. Nur leider spielen die 49ers nicht mehr in San Francisco. Das neue, 2014 fertig gestellte Stadion befindet sich in Santa Clara.
Auch für die weite Entfernungen gewohnten Amerikaner ist das eine ziemliche Strecke: Fast 80 km, bei guter Verkehrslage ca. 1 Stunde Fahrt mit dem Auto entfernt von Downtown San Francisco.
Man stelle sich vor, die Fußball Bundesliga würde sich entscheiden, ein neues Stadion für Borussia Mönchengladbach nicht in Gladbach, sondern - sagen wir mal - in Bochum zu bauen, was von der Entfernung ungefähr gleich ist.
Natürlich hinkt der Vergleich, weil es im Rheinland traditionelle Fußball-Vereine en masse alle paar km gibt. Das nächstgelegene NFL Team dort sind die Oakland Raiders auf der anderen Seite der Bucht von San Francisco.
Die Macher der NFL verfolgen mit dem "Umzug" der 49ers selbstverständlich geschäftliche Interessen. Ziel ist die Erschließung des südlichen Umlandes von San Francisco als Fan-Heimat für die 49ers. Rund um das Silicon Valley soll wohl das Merchandising angekurbelt werden.
Und hier genau komme ich zu dem Punkt, den ich los werden möchte: Diese 49ers sind durch die räumliche Trennung von der Stadt nicht mehr "meine" 49ers. Obwohl ich das Geschehen von der anderen Seite der nördlichen Welthalbkugel aus verfolge, entfremdet mich der neue Standort von den 49ers.
Klar, alle NFL Teams dienen dem Kommerz. Aber halt - da gibt es ein Team, das mir auch schon seit Jahren sympatisch ist, dessen Stadionname nicht an einen Konzern verkauft wurde und in dessen Heimspielstätte kaum eine Werbetafel zu sehen ist und das in diesem nahezu historischen Stadion ohne Dach bei arktischen Temperaturen vor immer ausverkauftem Haus spielt und wo Saisontickets vererbt werden. Ich spreche von den Green Bay Packers.
Green Bay ist ein Städtchen mit etwas über 100.000 Einwohnern im Norden des Landes, wo es lange, eiskalte Winter gibt. In diesen Wintern versetzt das Team die gesamte Region in einen Ausnahmezustand.
Wikipedia beschreibt das, was ich hervorheben möchte, wie folgt:
"Die Green Bay Packers sind das einzige Team im US-Profisport, das nicht Eigentum eines einzelnen Besitzers ist, sondern mehr als 350.000 Anteilseignern gehört. Die Green Bay Packers sind darüber hinaus das älteste Team, das noch immer an seinem Gründungsort spielt."
Etwas weniger Kommerz als an anderen NFL-Standorten, eine eher kleine Stadt ohne touristische Höhepunkte als Geburtsstätte des Vereins, eine enge Verbundenheit mit den Fans - all das kommt mir irgendwie bekannt und sehr sympatisch vor. Einen direkten Vergleich zu Borussia Mönchengladbach möchte ich nicht ziehen, aber ich bin der Meinung, gewisse Parallelen sind feststellbar.
Bewusst wurde mir das erst, als ich im Jahr 2008 eine Chefin bekam, die ganz in der Nähe von Green Bay in Wisconsin geboren ist. Von ihr erfuhr ich, welche Bedeutung die Packers für die Region haben und wie sehr man sich als dort geborener Mensch mit den Packers verbunden fühlt.
In den Jahren seit 2008 bis 2013 tendierte ich immer noch leicht über 50% zu den 49ers. Doch schon in der letzten Saison merkte ich, wie sich meine Sympathie-Gewichtung mehr in Richtung Packers bewegte.
Falls, was ich nicht glaube, die 49ers es in dieser Saison schaffen, das "Finale daheim" zu erreichen, würde es mich für die Leute aus der Gegend um San Francisco freuen. Und je nach Gegner würde ich sogar mit den 49ers halten.
Wären die Packers jedoch auf dem Weg zum Finale ein Gegner der 49ers in den Playoffs, würde ich aber inzwischen tatsächlich mit den Käseköpfen halten.
So. Jetzt ist es raus. Mein Twitterprofil ist bereits entsprechend geändert.
Mögen die mit ihrem Herzblut an den 49ers hängenden Fans mir bitte verzeihen und auf einen Shitstorm verzichten. Eigentlich wechselt man "seinen" Verein nicht. Aber andererseits muss man auch seinem Gefühl folgen und nicht aus alter Gewohnheit an etwas festhalten, das man nicht mehr ohne Vorbehalt unterstützt.
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